Celepression Natalie Wilke
Celepression Natalie Wilke
Das Ausloten von Alternativen und das Ausbrechen aus dem von Verpflichtungen und bürgerlichen Normen durchtränkten Alltag ist eine der sinnstiftenden Ideen des Nachtlebens und der Feierkultur. In der Denkfigur der Technobewegung manifestiert sich dieser Anspruch zwischen den Polen von Eskapismus und Alltagskampf auf besonders dogmatische Weise. Ihr ideologischer Unterbau wurzelt in den Post-Wende-Jahren Berlins, in denen infolge des Zusammenbruchs der alten Ordnung viele Flächen brach liegen und Freiräume entstehen. In entmieteten Gebäuden oder Bunkern findet sich damals eine neue Jugendkultur zusammen – Unterschiede zwischen Ost und West werden im Stroboskopgewitter unwichtig. Was eint ist die technoide Musik und ein Freiheitsgedanke, der aus radikaler Affirmation und Ekstase erwächst. Das ausgelassene Freitanzen und der Rausch werden zur hedonistischen Erkenntnismethode und elektronische Musiktracks zu Hymnen (One World, One Future). Paradigmatisch für diese Haltung war die Loveparade als erste Demonstration, die für anstatt gegen etwas war. Der Prozess der institutionellen Aneignung setzte jedoch schnell ein. Die dramatischen Folgen der marktwirtschaftlichen Vereinnahmungsstrategien und profitorientierten Verwertung der einst missbilligten Technokultur zeigt sich in der Katastrophe von Duisburg im Jahr 2010. Unbewältigt haben sich die Bilder dieses Ereignisses in das kollektive Gedächtnis eingegraben. Der Ort des Geschehens und das Denkmal für die Opfer bleibt als Wunde im Stadtbild bis heute zurück. Die 3-Kanal-Videoinstallation Duisburg (2019) zeigt in drei undramatisch kühlen Aufnahmen den mittlerweile sichtlich gealterten Ist-Zustand der Treppe synchron aus verschiedenen Kameraperspektiven, während ein „Treppenläufer“, ein Kultspielzeug der 90er Jahre, die Treppe langsam hinabsteigt.
Eröffnung:
(Do) 24.10.2019, 19:00
Galerie 52
Ausstellung:
25.10.2019 – 08.11.2019
Öffnungszeiten:
Mo – Fr, 12:00 – 18:00 Uhr